Die aktuellen politischen Ereignisse in der österreichischen Sozialdemokratie haben den Hausfraktionsausschuss in den letzten Wochen intensiv beschäftigt. Die Koalition mit der rechten FPÖ, die Landeshauptmann Hans Niessl Anfang Juni 2015 im Burgenland besiegelt hat, sorgt in weiten Teilen der Partei für Diskussion. Die Gefühlslagen und Emotionen sind dabei unterschiedlich: Vielfach kennzeichnen Aufregung und Empörung die Diskussion, teilweise ist es Frustration und nicht selten wird auch versucht, die Entwicklungen hinzunehmen. Einen Monat nach der Bildung der rot-blauen Koalition zeigt sich, dass die Partei, vor allem die Parteispitze, im Großen und Ganzen wieder zu ihrer Alltagspolitik übergegangen ist – bei aller anfänglichen Aufregung, man wird sich auch mit der neuen Sachlage arrangieren können. Es scheint so, als gäbe es ein verbreitetes Verständnis in der SPÖ, das besagt: in einigen Dingen verändert die Partei gravierende Positionen, doch eigentlich geht alles gleich weiter wie bisher. Das passt durchaus auch zu früheren Veränderungen, der Partei, durch die sie „etwas anders“ wurde, ohne aber irgendwie doch auch gleich bleiben zu wollen. Von Erfolg waren derartige Entwicklungen allerdings nie gekrönt.
Neoliberale Wende der SPÖ in den 1990ern
Spätestens mit dem Parteiprogramm von 1998 positionierte sich die SPÖ „im Wesentlichen als neoliberale Partei mit menschlichem Antlitz“. Die Bemühungen vieler GewerkschafterInnen und SozialdemokratInnen waren in den letzten Jahren vielfach gegen die wirtschaftsliberalien Agenden von Deregulierung, Privatisierung und Sozialabbau gerichtet. Die offizielle Linie SPÖ, die noch dazu die meiste Zeit im großkoalitionären Sog der ÖVP stand, war/ist hier in den seltensten Fällen förderlich, im Gegenteil. Dass sich die SPÖ Finanzmarkt- und Standortwettbewerbslogiken weitgehend zu eigen gemacht hat, war in den letzten Jahren aus gewerkschaftlicher Sicht bei vielen Themen also bereits problematisch genug.
Rotblau – der Rechtsruck nun auch offiziell
Seit den Landtagswahlen im Burgenland und in der Steiermark am 31. Mai 2015, die beide deutliche Verluste für die Sozialdemokratie brachten, tritt neben dem Problem eines verbreiteten marktkonformen Politikverständnisses in der SPÖ noch ein Weiteres offen zu Tage. Im Burgenland präsentierte Landeshauptmann Hans Niessl nur fünf Tage nach der Wahl eine Koalition mit der FPÖ, eine Koalition die die SPÖ per Bundesparteitagsbeschluss „auf allen politischen Ebenen“ aus guten Gründen ausschließt. Während die offizielle Linie der SPÖ in dieser Frage also noch in Übereinstimmung mit sozialdemokratischen Grundhaltungen steht, wurde der Konsens, keine Regierungskoalition mit der rechten FPÖ einzugehen, von einem SPÖ-Spitzenfunktionär gebrochen. In den folgenden Debatten innerhalb der SPÖ, gab es Stimmen von ParteifunktionärInnen, die sich entweder nicht in „burgenländische Angelegenheiten“ einmischen wollten, oder die sogar für eine weitere „Öffnung“ in Richtung FPÖ Stellung bezogen. Daran ist leicht abzulesen, dass die offizielle Abgrenzung der SPÖ gegen Rechts (seit langem?) nur in Teilen tief verankert ist, in anderen Teilen aber nur sehr fragwürdige Grundlagen hat. Das mag auch damit zu tun haben, dass die „historische Beziehung von Sozialdemokratie und FPÖ […] enger [ist], als sich in der SPÖ derzeit viele eingestehen wollen.“
Das passt wiederum zu einem Gesamtbild der SPÖ, das durch parteiinterne inhaltliche und strukturelle (demokratische) Defizite geprägt ist. Diese nähren sich unter anderem dadurch, dass Themen tabuisiert und Diskussionen unter vorgehaltener Hand geführt werden. Positionen und Beschlüsse gibt es zwar, aber wie die Parteilinie in der politischen Praxis aussieht, stellt sich durchaus noch einmal anders dar. So hatte Hans Niessl die burgenländische SPÖ bereits im Wahlkampf weit nach rechts gerückt, und seit dem 05. Juni 2015 ist die österreichische Sozialdemokratie wieder in einer Koalition mit der rechten FPÖ, und entzieht damit jeglicher weiteren grundsatzbasierten Abgrenzung der SPÖ gegen Rechts die Glaubwürdigkeit.
Die FPÖ ist der politische Feind der Sozialdemokratie
Dabei gibt es neben den guten Gründen der antifaschistischen sozialdemokratischen Haltung noch viele weitere, um die Sozialdemokratie (gefälligst) nicht zum Steigbügelhalter für rechte Regierungsbeteiligungen zu machen. Das sind zum Beispiel die sozialpolitischen Anschläge auf die Bevölkerung, die die Freiheitlichen zum Ziel haben – siehe zum Beispiel „FPÖ: Trugbild Sozialkompetenz“ (Kompetenz, Ausgabe 06/2013) oder das neue „Blaubuch“ der SPÖ Wien (PDF).
In einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung und in der regulären Ausschusssitzung der FSG/GPA-djp Hausfraktion wurden die lange in der Partei lange unter der Hand geführten und jetzt aufgebrochenen Debatten über die Positionierung der SPÖ gegenüber der FPÖ diskutiert. Die klaren Worte, die FSG-Bundesvorsitzender Genosse Katzian gefunden hat, können wir nur bekräftigen: „Rot-Blau ist eine Verletzung unserer Grundwerte“ – vor allem auch, wenn sich aktuell zeigt, dass einige sie vielleicht nicht (mehr) für wichtig halten oder sie vergessen haben. In diesem Sinne schließt sich die FSG-Hausfraktion in der GPA-djp dem Beschluss der FSG Landstraße vom 18.06.2015 mit einem klaren Bekenntnis zu einem „Nein zu einer Koalition der SPÖ mit der FPÖ auf allen politischen Ebenen!“ (PDF)* an.
*) Unsere Textversion weicht in einigen kleinen Details vom beschlossenen Antrag der Bezirksorganisation ab, ist inhaltlich aber, insbesondere die Forderungen betreffend, ident.